Leserbrief zum Artikel "Harter Hut schützt leben" in der Frankfurter Rundschau vom 27.03.1999 (1999-03-27) S. 27

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Plädoyer der Verbraucherzentrale für's Fahrradhelmtragen strotzt in einem Umfang von Fehlern, daß einem das kalte Grausen kommt.

Es mag sich "herumsprechen", daß ein Radhelm irgendwie was nützt, richtiger wird diese wolkige Feststellung dadurch allerdings nicht.

Richtig ist vielmehr, daß einerseits keine wissenschaftliche Untersuchung bekannt ist, die eine signifikante Schutzwirkung des Fahrradhelmes für praktische Unfallsituationen zeigt, die nicht grobe methodische Fehler aufweist: Es gibt keinen wissenschaftlich haltbaren Nachweis der Wirksamkeit von Fahrradhelemen.

Richtig ist weiterhin andererseits, daß es Untersuchungen gibt, die deutliche Hinweise auf verschiedenartige negative Begleiterscheinungen sowohl des freiwilligen Helmtragens als auch einer Helmpflicht liefern:

Das individuelle Kopfverletzungsrisiko in Australien ist durch Einführung der Helmpflicht in statistisch signifikantem Maße angestiegen.

Unter diesen Bedingungen weiterhin blauäugig den Fahrradhelm als "kann bestimmt nichts schaden" einzustufen und entsprechend undifferenziert zu propagieren, grenzt schon an unverantwortlichen Leichtsinn.

Die "Studien der Unfallforschung", auf die der Artikel so windig bezug nimmt, dürften der langen Reihe entnommen sein, die ihre Wurzel in der berühmten Thompson / Rivara-Studie haben, mit deren hanebüchener Methodik man auch einen Rückgang der Arm- und Beinverletzungen um 76% durch den Helm ermitteln kann.

Man kann der Verbraucherberatung als einziges zu gute halten, daß sie sich mit ihrem werben für's Fahrradhelmtragen in einen illustren Kreis von selbsternannten Verkehrssicherheitsexperten einreiht, der vom DVR und ADAC auf der einen Seite bis zu prominenten Teilen des ADFC auf der anderen Seite reicht; richtiger wird das, wie gesagt, dadurch allerdings nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer H. Rauschenberg